Rezension: "Love is loud" von Kathinka Engel

by - September 02, 2021

 Kathinka Engel hat mich als Autorin schon lange fasziniert. Immer wieder hab ich voller Interesse ihre Instagramcaptions gelesen, in denen sie immer wieder auf sehr beeindruckende Weise sensible oder tabuisierte Themen anspricht, oft mit einer guten Prise emanzipatorischer Stärke. Dementsprechend gespannt war ich gespannt darauf, endlich einen Roman von ihr zu lesen- ganz besonders, was den Umgang mit expliziten Szenen betrifft, da dies ein Thema ist, zu dem ich in ihren Captions schon öfters interessante Blickwinkel gelesen habe. Auf Bookstagram allgemein werden ihre Bücher sehr gehyped, und nach ein paar Startschwierigkeiten kann ich nur sagen: absolut zurecht!



Informationen zum Buch:

Titel: Love is loud- ich höre nur dich; Autorin: Kathinka Engel; Verlag: Piper; Preis: 12,99 €; Erscheinungsdatum: 03.08.2020; Seitenzahl: 416; Art: Klappenbroschur/Paperback; EAN:978-3-492-06224-4


Klappentext:

Ihr ganzes Leben lang hat Franziska vorausgedacht, nichts dem Zufall überlassen. Als sie sich für ein freiwilliges soziales Jahr in New Orleans entscheidet, steht für sie fest: Wenigstens ein großes Abenteuer erleben, bevor sie einen langweiligen, aber sicheren Bürojob antritt. Nicht einmal Hugo, der alte Griesgram, um den sie sich kümmern muss, kann ihre Begeisterung trüben. Denn die laute, ungewöhnliche Stadt zieht Franziska sofort in ihren Bann. Und dann begegnet sie dem attraktiven und aufregenden Musiker Lincoln. Er lebt für den Moment, denkt nicht an morgen. Er entführt Franziska in eine Welt ohne konkrete Pläne, voller Farben, Musik und ansteckender Lebensfreude. Und auf einmal ist sie nicht mehr sicher, dass sie weiß, wie ihre Zukunft aussieht …


Meinung:

Der Einstieg in die Geschichte fiel mir zwar leicht, dennoch hatte ich lange Zeit eine gewisse emotionale Distanz zu den Charakteren. Franziska war mir nicht auf Anhieb sympathisch muss ich gestehen- was aber durchaus gewollt war, wie ich denke. Sie war irgendwie etwas verklemmt, sich selbst im Weg, ihr overthinking konnte ich zwar durchaus sehr gut nachfühlen, dennoch wollte ich sie des öfteren gerne schütteln. Wünschte sie mir schlagfertiger, irgendwie... aktiver. Da ich aber Romane, in denen eine Deutsche in ein amerikanisches Setting geworfen wird, generell sehr liebe, mochte ich die Exposition. Ihre Gastfamilie- besonders Faye und Hugo- fand ich wahnsinnig erfrischend, haben Franzi aufgemischt und aufgelockert. Gerade Hugos sarkastisch-grisgrämisch-verquer-symapthische Art mochte ich sehr. Er war ein Farbklecks in dieser Geschichte für mich, voller Geschichten und einem großen Herzen, das er doch gerne zu verstecken versucht.

Mit Link, Franzis Love-Interest, hatte ich anfangs Probleme. Was aber vor allen Dingen eine persönliche Präferenz ist. Irgendwie habe ich sonst eher Schwierigkeiten mit diesen etwas träumerischen Künstler/Musiker-Typen, die nur in dem Moment leben und dadurch irgendwie naiv und weltfremd werden. Wie ein Abenteuer auf 2 Beinen, irgendwie oberflächlich. Doch ich verurteile mich fast dafür, dass das mein erster Eindruck von Lincoln war. Denn all das macht ihn nicht oberflächlich, sondern zu dem perfekten Gegenstück zu Franzi. Während sie ihn erdet und realistisch macht, ihm Halt und Sicherheit gibt, gibt er ihr mehr Mut, sich etwas zu trauen, koloriert ihr Leben und macht sie offener und aktiver. Und genau diesen Gegensatz, dieses Ergänzen, macht diese Geschichte zu etwas ganz Besonderem.

Die Charakterentwicklungen sind gleichmäßig und realistisch, absolut nicht überstürzt. Für meinen Geschmack haben sie sich zwar fast zu schnell ineinander verliebt, aber andernfalls wäre die Entwicklung wahrscheinlich auch schleppender verlaufen. Der Plot ist jetzt nicht bahnbrechend oder voller Twists, aber linear, passend zu der sanften Atmosphäre des Buches und dementsprechend absolut in Ordnung in dieser Situation. 

Etwas ganz Besonderes für mich war das Setting. New Orleans in all seinen schillernden Facetten und Farben, mit seinen Musikern und Künstlern hat mich wirklich verzaubert. Das Flair ist absolut gut vermittelt worden, die Bars wirkten greifbar und einladend, das ganze Buch hat mir totale Wohlfühl-Vibes gegeben. Den "Frenzy"-Insider empfand ich erst als etwas cringe, habe ihn aber im Laufe der Geschichte wirklich zu schätzen gelernt- weil dahinter viel mehr steckt als nur ein Versprecher.

Generell war dieses Buch rund für mich. Anfang und Ende haben sich gut zusammengefügt und waren ein toller Indikator für die Charakterentwicklung, ich mochte, wie Gastfamilie und Franzis Freunde miteinander verbunden waren. Die Nebencharaktere waren differenziert und interessant, die expliziten Szenen tatsächlich sehr fortschrittlich- in diesem Punkt hatte ich hohe Erwartungen, da Kathinka Engel mir den Eindruck gab, sehr viel Wert auf die Vermittlung dieser Inhalte zu legen, und es passte. Die Szenen waren stellenweise an etwas außergewöhnlicheren Orten, aber durchaus voller Gefühl, mit viel Zeit und nicht überstürzt, erforschend und lernend. Es war wichtig für die Charakterentwicklung, und in solchen Fällen finde ich diese Szenen auch nicht unbedingt überflüssig. 

Insgesamt hat mir das Buch einfach ein gutes Gefühl gegeben und ich bin jetzt gerade, wo ich diese Rezension schreibe, unglaublich wehmütig, dass es schon vorbei ist. Ich vermisse die Ruhe, die Konzerte, das Lernen und Über-Sich-Hinaus-Wachsen, das Kribbeln und das Fühlen. Leseempfehlung für Menschen wie mich, die eher auf der Suche nach gefühlvolleren, tieferen Büchern ohne zu viel Traurigkeit sein. Es gab mir die "What if we..."-Vibes von Sarah Sprinz, und das ist eins der größten Komplimente, die ich aktuell einem New Adult Buch machen kann. 

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